Neue Regelungen zum Einheitspatent und dem Einheitlichen Patentgericht
Empfehlung der Erklärung des „Opt-Out“
In unserem vorangegangenen Beitrag haben wir Sie über einige Grundzüge des neu geschaffenen europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung – das sogenannte „Einheitspatent“ – und des Einheitlichen Patentgerichts informiert.
Die neuen Regelungen zum Einheitspatent und Einheitlichen Patentgericht haben nicht nur Auswirkungen auf die zukünftige Benennung eines Einheitspatents nach Erteilung eines europäischen Patents, sondern haben auch wesentliche Auswirkungen auf bereits erteilte und in verschiedenen Ländern, beispielsweise Deutschland, Frankreich und Italien, validierte europäische Patente (Bündelpatente).
Für bereits erteilte und in verschiedenen Ländern validierte europäische Patente kann zwar nicht nachträglich ein Einheitspatent beantragt werden und es ist auch nicht möglich, die ursprünglich validierten Länder zu erweitern
oder die Zahlung der nationalen Jahresgebühren in eine einzige Einheitspatentjahresgebühr umzuwandeln.
Allerdings sehen die neuen Regelungen die Errichtung des Einheitlichen Patentgerichts vor, das für alle Streitigkeiten (u.a. Verletzungs- und Nichtigkeitsklagen) in Verbindung mit europäischen Patenten (Bündelpatente) und Einheitspatenten zuständig ist.
Nach den bisherigen Vorschriften waren für Verletzungsverfahren europäischer Patente ausschließlich die nationalen Gerichte des betreffenden Landes zuständig.
Für alle erteilten europäischen Bündelpatente besteht im Rahmen einer Übergangsregelung (Art. 83 EPGÜ) die Wahlmöglichkeit, Klage entweder bei den nationalen Gerichten oder aber beim Einheitlichen Patentgericht zu erheben.
Allerdings wird durch die erste erhobene Klage die weitere Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründet. Somit kann durch eine Nichtigkeitsklage gegen ein europäisches Bündelpatent zum Einheitlichen Patentgericht dessen Zuständigkeit begründet werden und der Weg zu den nationalen Gerichten und dem Bundespatentgericht ist abgeschnitten.
Für das neue Einheitliche Patentgericht wurde eine neue Verfahrensordnung geschaffen, die Gerichte sind multinational besetzt und das Fristenregime ist außerordentlich kurz. Es ist damit zu rechnen, dass in Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht für jede Partei voraussichtlich ein Team von Anwälten auftreten wird, damit in den kurzen Fristen der Streitstoff hinreichend aufgearbeitet werden kann. Dies kann zu nicht unerheblichen Kosten führen.
Der Inhaber eines herkömmlichen europäischen Bündelpatents hat die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von derzeit sieben Jahren ab Inkrafttreten im Rahmen eines sogenannten „Opt-Out“ die Zuständigkeit des neu geschaffenen zentralen Einheitlichen Patentgerichts für ein erteiltes europäisches Bündelpatent auszuschließen. Damit bleibt es bei den bisherigen Verletzungsverfahren und Bestandsverfahren vor den nationalen Gerichten, d.h. beispielsweise einer Nichtigkeitsklage vor dem Deutschen Bundespatentgericht, und das Risiko, von Dritten in einen aufwändigen Streit um dieses europäische Patent vor dem Einheitlichen Patentgericht gezwungen zu werden, besteht nicht mehr.
Das Opt-Out kann innerhalb der sogenannten „Sunrise-Period“, bis zum 31. Mai 2023 erklärt werden.
Die Erklärung des Opt-Out ist grundsätzlich auch später möglich, allerdings kann nach diesem Zeitpunkt ein Dritter über die Zuständigkeit des für Ihr europäisches Patent zuständigen Gerichtsstands entscheiden.
Da noch keinerlei praktische Erfahrungen mit dem neu geschaffenen Gericht bestehen, und da eine Vertretung durch mehrere Anwälte zu einem hohen Kostenrisiko führen kann, raten wir unseren Mandanten, für alle erteilten europäischen Patente vor Inkrafttreten das Opt-Out zu erklären.